Zur Kritik bürgerschaftlichen Engagements im Kontext der Behindertenhilfe
Abstract
Auch das Ehrenamt im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens hat in den letzten Jahrzehnten einen tiefgreifenden Strukturwandel erfahren. Im Zuge dessen gilt Bürgerschaftliches Engagement heute als Garant für die humane Zivilität moderner Gesellschaften. Gerade im Bereich der Behindertenhilfe ist freilich zu fragen, ob es dem Anspruch der Behindertenhilfe – von einer vormundschaftlich betreuenden zu einer menschenrechtlich assistierenden Profession – gerecht werden kann. Dabei darf keinesfalls allein auf die Motivation des ehrenamtlich Helfenden abgehoben werden. Oberstes Prinzip ist auch hier die Verträglichkeit bürgerschaftlichen Engagements mit dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen mit Assistenzbedarf.
Auf der Grundlage eines menschenrechtsbasierten Verständnisses von Inklusion, wie es prominent die Behindertenrechtskonvention von 2016 entwickelt, werden zudem die Konturen eines zweiten Strukturwandels des Ehrenamtes erkennbar. Im Mittelpunkt dieses Strukturwandels steht nicht nur das bürgerschaftlichen Engagement für, sondern dasjenige durch die Menschen mit Assistenzbedarf selbst. Es ist dieses verzahnte, ineinandergreifende bürgerschaftliche Engagement von Menschen mit und ohne besonderen Assistenzbedarf, das eine zentrale Intuition inklusiv-partizipativer Gesellschaften zur Geltung bringt: die Erfahrung menschlicher Würde durch Selbstwirksamkeit und einen starken Sinn der Zugehörigkeit (‚enhanced sense of belonging‘).
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